Norwegen (7) 🇳🇴

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Norwegen (7) 🇳🇴

Nordkap

Datum: 06.11.2022 // Ort: Liberec

Schon von weitem konnte man eine große weiße Kuppel sehen. Am Nordkap gibt es nämlich nicht nur den großen Metallglobus, sondern auch noch ein Museum mit Café. Auf einer langen Straße und den letzten Metern stand dann ein kleines Pförtnerhäuschen. Hier konnte man ein Ticket für das Museum beziehungsweise für das Gebäude kaufen. Mir hatte vorher aber schonmal jemand gesagt, dass man auch ohne dieses Ticket auf den Parkplatz fahren konnte. Ich hatte dann nur noch gefragt, ob man hier Zelten darf und kann. Die Frau nickte nur und zeigte auf eine matschige Fläche neben dem Parkplatz … na ja, besser als nichts. Schaue ich mir nachher mal an …

Der wirklich große Parkplatz war direkt vor dem Gebäude. Für die Uhrzeit war ziemlich viel los! Es war unfassbar windig und recht kalt! Ich fuhr so weit es ging nach vorne und parkte neben ein paar anderen Motorradfahrern. Die Vielfalt der Leute war wirklich witzig. Manche sahen so aus als ob Sie jeden Tag hier wären und manche, wie ich, waren ganz aufgeregt und konnten es kaum erwarten anzukommen. Ein paar Familien mit Wohnmobilen, einige Alleinreisende mit Autos oder Campern und dann auch immer mal wieder kleine Gruppen die nach einem Tagesauflug aussahen. Und dann gab es noch die durchgefrorenen Fahrradfahrer!

Ich stieg ab, sicherte mein Helm am Lenker, holte meine Mütze und mein Halstuch aus dem Koffer, schnappte mir meine Kamera und die ging die letzten Meter um das Museum herum.

Teilweise hatte es mir fast meine Mütze vom Kopf geweht, weil es so windig war!

Ich musste beim Laufen tatsächlich nochmal kurz daran denken, wie ich vor 102 Tagen zu Hause aus der Einfahrt herausgefahren bin, was ich bisher alles erleben durfte! Wie viele Menschen ich kennengelernt habe und welche Möglichkeiten Sie mir geboten haben! Es war wirklich ein Moment der Dankbarkeit.

Es ist nichts Wildes, zum Nordkap zu fahren. Alles machbar, mit etwas Zeit.

Aber es ist die Bedeutung die zählt und das Erreichen eines Zieles, was das ganze so besonders macht. Ich war unfassbar stolz auf mich, den Weg bis hier hergeschafft zu haben. Gesund und ohne das, was kaputtgegangen ist. Es hätte mal wieder nicht besser laufen können!

Und dann sah ich den Globus aus Metall, den ich bisher nur von Fotos kannte. Um es nett auszudrücken: minimalistisch und einfach gehalten. Ich stand davor und war an meinem Ziel angekommen. 2022 mit dem Motorrad an das Nordkap zu fahren. Auf dem Weg dahin unterschiedliche Jobs zu machen, viele Menschen kennenzulernen und mir die Zeit zunehmen um zu Reisen. Mein Englisch zu verbessern und nur mit wenigen Dingen zu leben. Es hat geklappt!

 

Das Nordkap gab mir wirklich das Gefühl, am Ende der Welt zu stehen. Danach kam erstmal nichts mehr.

Es kamen und gingen viele Menschen. Manche alleine oder zu zweit, ganze Familien oder Gruppen von Bustouren. Menschen die lange stehen blieben und sich Zeit nahmen und wiederum welche die nur kurz ein Foto machten und dann wieder gingen. Es ist wirklich nur ein Metallglobus auf einem Podest. Drumherum ein Zaun, damit man nicht runterfällt, aber trotzdem irgendwie ein besonderer Ort.

Ich blieb noch eine ganze Weile und lief ein bisschen umher. Langsam wurde es auch etwas dunkler, nicht weil die Sonne unterging, sondern weil immer mehr dunkle Wolken aufkamen. Also machte ich mich zurück zum Moped. Ich hatte mich wirklich auch auf meinen Schlafsack gefreut! Also fuhr ich zu der „ausgewiesenen Zeltwiese“ neben dem Parkplatz. Es war eine matschige Wiese. Drei, vier andere Zelte standen noch dort. Alle anderen waren aber mit dem Fahrrad und ich war mir echt unsichere, ob ich überhaupt darauf fahren sollte.

Ich musste lachen: Die gleiche Situation hatte ich in Schweden mit der Motorradgruppe auf dem TET als ich den Tipp bekam „Let the bike be the bike!“ „Das Motorrad macht das schon!“. Damals hats ja auch geklappt. Also paddelte ich mit den Füßen, während mein Hinterrad im ersten Gang mit anständiger Drehzahl die Wiese vertikutierte. Mit etwas zu viel Aufmerksamkeit kam ich dann bei einer kleinen freien Fläche neben einem anderen Zelt an. Schnell brachte ich alles in Sicherheit, weil es langsam anfing zu regnen. Nur noch ganz kurz begrüßte ich meinen Zeltnachbarn mit einem: „Hello!“ und ging dann ins Zelt.

 

 

Als ich mir mein Reis aufwärmte, überlegte ich mir, wie ich noch ein Foto mit mir und meinem Motorrad vor der Globus machen könnte. „Soll es morgen eigentlich regnen? Ich glaube, das kann man hier echt nicht sagen…“ Offiziell darf man nämlich nicht mit dem Motorrad an den Globus fahren. Deswegen macht man das Nachts beziehungsweise morgens früh. Also stellte ich mir mein Wecker auf 5:15 Uhr und ließ mich einfach von dem morgigen Tag überraschen.

 

Noch bevor der Wecker klingelte, wachte ich auf. Ich war total verwundert. In meinem Zelt war es super hell. Außerdem auch windstill. Als ich mein Reißverschluss vom Zelt aufzog, strahlte mir die Sonne direkt ins Gesicht. Es war verhältnismäßig warm. Strahlend blauer Himmel und nur ganz leichter Wind! Wie krass ist das bitte! Als ich aus dem Zelt kam, sah ich nur, wie sich am Nachbarzelt auch der Reißverschluss aufschob.

 

Wieder sagte ich: „Hello!“ und die Antwort war sehr überraschend, aber typisch: „Du bist auch Deutsch, oder?“.

 

Mein Zeltnachbar war Tim. Er ist mit dem Fahrrad gestern Nachmittag hier angekommen und hatte auch geplant jetzt sein Nordkap Foto zu schießen. Der Hammer! Also packte ich mein Zelt zusammen und fuhren gemeinsam zur Kugel hoch. Es war niemand da. Also wirklich niemand. Auf dem Parkplatz waren einige Autos, aber niemand lief herum und man hörte kein Geräusch! Außer den Wind und die Wellen, wie sie vor die Küste schlugen. Es war nochmal ein ganz besonderer Moment!

 

Immer wieder unterhielten wir uns und machten ein paar Fotos:

Und wenn ich schonmal hier bin, kann ich auch am nördlichsten Punkt am höchsten sein:

Nach locker eineinhalb Stunden wachte der Parkplatz langsam auf und es kamen immer mal wieder Leute und Motorradfahrer:

Dann kam noch ein kleiner dicker Franzose auf seiner Reiseenduro. Im Nachhinein glaube ich, dass er, wie wir alle, einfach nur aufgeregt war. Auf jeden Fall hat er seinen Seitenständer nicht richtig ausgeklappt und sein Moped fiel nach dem Absteigen einfach um! Mit hochrotem Kopf richtete er aber ganz schnell wieder auf! Machte nur kurz ein Foto und fuhr dann wieder …

Nachdem ich mich mit Tim und einigen anderen Reisenden noch eine ganze Zeit unterhalten hatte, machten wir uns wieder zurück zur „Zeltwiese“. Am Nordkap sind bis auf die Pauschaltouristen die mit dem Bus anreisen, echt nur Leute die einige Kilometer zurückgelegt haben. Das kann ich auf jeden Fall sagen!

Meine Spur vom Tag davor war noch da, also fuhr ich sie einfach nochmal.

Beim Frühstück in der Sonne erzählte mir Tim, dass er sich ein Jahr Auszeit genommen hatte. Sein erstes Ziel war das Nordkap. Das hatte er jetzt erreicht. „Jetzt geht es über den Winter in den Süden nach Gibraltar!“

Er erzählte mir von seinen Problemen mit dem Reisen mit dem Fahrrad und dass es teilweise echt gefährlich ist auf den größeren Hauptstraßen zu fahren. Gegen 11 Uhr verabschiedete ich mich dann. Ich wollte den immer noch sonnigen Tag nutzen, um noch ein paar Kilometer zu machen! Mit durchdrehendem Hinterrad fuhr ich von der Wiese. Schaute noch einmal zurück und war überglücklich mein Ziel erreicht zu haben!

Auf der Karte aber hatte ich bisher nur 50 % meiner Route gefahren. Die Reise ging weiter! Und ich freute mich direkt schon wieder darüber, nicht zu wissen, wo ich heute Abend mein Zelt aufbauen würde und was eigentlich als Nächstes kommt. Mit „Hard Sun“ von Eddie Vedder in den Ohren drehte ich am Gas, schaltete hoch und bretterte Richtung Süden! Ich freute mich sehr auf die Wärme!

 

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Olaf Stellbrink

    SUPER du Irrer 😅
    Ich freue mich riesig für dich 👍

  2. Rolf+Kuhnert

    Moin 🙋‍♂️
    Super Trip Cedric, der nächste wohl zum Südpol.
    LG ROLF

  3. Tati

    Wie immer Sonnenschein, so mitreißend und bewegend geschrieben,
    als wenn man mit die da war. Einfach Top – Freue mich riesig für dich
    und bin stolz auf Dich. Deine Tati 😊❤️

  4. Gerd Willenberg

    Hammer!!! Da kannst Du stolz drauf sein,wie immer super geschrieben und wünsche Dir noch viele solcher Erlebnisse auf Deiner Reise und natürlich auch danach!
    Halt Dich gerade
    Gruß Gerd

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